Von Mag. (FH) Martina Hums-Winter – Dipl. Psychologische Beraterin, Yoga- und Meditationslehrerin
Unser im Außen orientiertes Leben bringt Ruhelosigkeit, Überreizung und Stress – wir fühlen uns ausgelaugt und es treten vermehrt körperliche und seelische Beschwerden auf.
Wir liegen nachts wach und grübeln, bewegen uns tagsüber zu wenig oder nicht körpergerecht, fühlen dauerhaft Ängste und unser seelisches Gleichgewicht ist nicht erst seit der Corona-Pandemie empfindlich aus dem Gleichgewicht gebracht.
Ein prominentes Beispiel für körperliche Störungen sind wiederkehrende Kopfschmerzen – bis hin zu einer ausgewachsenen Migräne. Migräne ist kein ausschließlich körperliches Geschehen, sondern das Zusammenspiel von Körper, Geist und sozialer Prozesse. Somit setzt die Linderung von Migräne in der Bewältigung von körperlichen und psychologischen Herausforderungen an.
Eines der ältesten Verfahren, um Körper und Geist in Einklang zu bringen ist Yoga. Seine Wurzeln reichen Jahrtausende bis zum Beginn östlicher Kulturen zurück und es besteht aus 8 Disziplinen. Neben Bewegung werden Themen wie z.B. Ernährung, Atemübungen, Stressbewältigung, Psychologie und Meditation beschrieben. Wir im Westen kennen Yoga hauptsächlich als eine Art Sport, aber es ist noch so viel mehr…
Wie funktioniert eigentlich Ent-spannung, also das Los-lassen? Folgen Sie mir dafür in die Mitte unseres Gehirns, genauer gesagt in unseren Hirnstamm. Dort entspringt ein besonders langer Hirn-Nerv: der Vagus Nerv. Er schlängelt sich vom Gehirn über das Rückenmark, den Hals und Brustkorb, das Zwerchfell und den Bauchraum bis zum Darm. Er ist wichtiger Akteur des Parasympathischen Nervensystems, jenes Teilsystems in uns, das für Phasen von Ruhe, Regeneration und z.B. auch für die Verdauung im Einsatz ist. Als Bonus ermöglicht uns der Vagus Nerv auch, dass wir auf unsere Umgebung eingehen können und mit anderen Menschen in Beziehung treten.
Unser Verhalten ändert sich jedoch, wenn wir uns überfordert oder gestresst fühlen. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Atmung wird unregelmäßig und unbewusst erwägt unser Körper dann zwischen Kampf oder Flucht – Muskeln spannen an. Als letzten Ausweg gibt es nur noch das Sich-Todstellen, der Körper wird sprichwörtlich zu einem Brett. Der Vagus Nerv ist hier unsere Alarmanlage, Notschaltung und der Spion zwischen Peripherie und Gehirn. Stellen Sie sich vor wie es einem System wie unserem Körper ergeht, wenn diese An-spannung nie in eine Ent-spannung mündet?
Yoga trainiert und deblockiert das Parasympathische Nervensystem, befreit den Körper aus seiner Dauerspannung und regt Selbstheilungskräfte an. Sehr vereinfacht beschrieben hilft die Bewegung, dass der „Strom“ im Körper wieder fließen kann – auch Migräne kann dauerhaft abgemildert werden.
Ist der Vagus Nerv stark und gesund ausgeprägt, können wir uns adäquat regenerieren und haben die richtige Menge an Glückshormonen im Blut. Ist das Gegenteil der Fall, sind wir anfällig auf Entzündungen, Kopfschmerzen, Krankheiten und fühlen uns psychisch belastet. Warum ist das so? Weil der Vagus-Nerv auch der menschliche „Entspannungs- und Heilungsnerv“ genannt wird.
Und so stärkt man ihn: Summen/Singen, tiefe und langsame Atmung, Lachen, positive menschliche Begegnungen, Schlaf, Intervallfasten, Massagen, Kälte-Anreize (Kneipen, kalte Duschen, frische Luft), gesunde Ernährung, Probleme an/aussprechen und nicht zu vergessen Yoga & Meditation.
Stanley Rosenberg, ein namhafter Körpertherapeut aus den USA bietet in seinem Bestseller „Der Selbstheilungsnerv“ (VAK Verlag, 2018) einen guten Einstieg für alle, die mehr über den Vagus Nerv erfahren wollen. Nach fast 50 Jahren Praxis und guten Ergebnissen – vor allem in dem Bereich Migräne – hat auch er seine berufliche Tätigkeit stets mit Yoga und Meditation verbunden.
Atemübung im Sitzen: Brahmari (die Bienenatmung)
Wirkung: klärt den Kopf, Detox über die Haut, reguliert Hormone und Schilddrüse
Prakramanasana (der mittlere Ausfallschritt)
Wirkung: beruhigt und zentriert den Geist auf das Wesentliche, lindert Ängste, dehnt den Psoas-Muskel (tiefer Hüftbeuger)
Balasana („Das Kind“)
Wirkung: entspannt und regeneriert, lässt das Gefühl der Selbstliebe entstehen, stimuliert das Parasympathische Nervensystem, dehnt die gesamte Wirbelsäule und die Gesäßmuskulatur, regt die Verdauung an
Mag. (FH) Martina Hums-Winter ist Dipl. Psychologische Beraterin (www.beratung-hums.at). Zusätzlich unterrichtet sie mit Leidenschaft Yoga, Meditation und Stressbewältigung (www.gesundmityoga.at). Die Ausbildung dazu erhielt sie bei Ursula Lyon im Buddhistischen Zentrum Wien, umfassende Weiterbildungen absolvierte sie in Indien und Österreich. Die Verbindung und Heilung von Körper, Geist und Seele war für sie selbst nach einer Krebserkrankung der Schlüssel zur positiven Lebens-Veränderung. Angst war in dieser Zeit ein schlechter Ratgeber, daher entschied sie, sich stattdessen mit Mut einem neuen Weg zu öffnen. Und wie sie bis heute immer wieder betont: „Es lohnt sich!“
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